La Paz – die letzten Tage und Rückkehr

Die Quarantäneform in ganz Bolivien wurde wieder verschärft – nun dürfen nur noch abwechselnd Menschen mit geraden oder ungeraden Passendziffern das Haus verlassen, um einkaufen zu gehen. Glücklicherweise haben wir zwei Ausweisdokumente, die beide akzeptiert werden. Diana hat jedoch zweimal ungerade Endziffern und nur Lucas kann quasi an jedem Tag das Haus verlassen.

Nachdem wir die Entscheidung getroffen hatten, den Rückweg anzutreten, hatten wir uns wieder mit der deutschen Botschaft in Verbindung gesetzt und wurden an ein Reisebüro in der Zona Sur von La Paz weiterverwiesen. Die dort ansässige Dame arbeitete lange Zeit für die Lufthansa und spricht perfekt Deutsch. Trotzdem ist es auch für sie schwer uns einen geeigneten Rückflug zu organisieren. Doch nach wenigen Tagen kontaktiert sie uns mit der Meldung, dass sie für schlappe 1.100€ einen Rückflug mit nur einem Umstieg organisieren konnte. Sie rufe uns noch einmal an, sobald die Tickets ausgestellt sind. Wir sind also ein wenig beruhigt und widmen uns unseren letzten Tagen in La Paz.

Es ist Donnerstag und wir wollen noch einmal die Feria in El Alto sehen, diesmal jedoch einen anderen Teil, der nicht ganz so überlaufen ist. Dort finden wir viele freundliche Verkäufer, die immer noch überrascht sind AusländerInnen zu sehen.

Einer der vielen Stände die eine Vielzahl an bunten Tüchern verkaufen – diese werden v.a. von den Cholitas als eine Art Rucksack genutzt um die Einkäufe (jeglicher Größe und jeglicher Form) oder Kleinkinder zu transportieren
Einer der sehr freundlichen Standbesitzer

Nachdem wir bereits mit der roten Teleferico-Linie über die bunten Dächer des Viertels Challuma geschwebt waren, wollen wir noch einmal durch das Viertel laufen. Dazu laufen wir geradewegs über die kantige Stadtgrenze zwischen El Alto und La Paz und passieren dabei die ein oder andere Treppe, um in den Steilhängen nach unten zu kommen.

Das bunte Viertel Challuma liegt (wie fast alle Viertel in La Paz) im Hang unter der roten Teleferico Linie – im Hintergrund (links) erhebt sich der Huayna Potosí

In Challuma wurden alle Häuser bunt angestrichen und sogar einige große Streetart-Projekte untergebracht. Es ist egal von welcher Seite man das Viertel betritt, man wird unweigerlich von Kunstwerken empfangen.

Es ist ein warmer Tag – obwohl es ja zur Zeit theoretisch Winter bzw. Trockenzeit ist – doch als wir das Viertel betreten, ist die Luft deutlich angenehmer und gefühlt ist die Luftqualität auch besser. Die Laune ist sofort sehr gut und wir genießen die entspannte Atmosphäre zwischen all den bunten Häusern.

Der große Libertad-Schriftzug aus einer anderen Perspektive
Großartige Blicke sind, wie immer in La Paz, vorprogrammiert
Der Mundschutz ist passend bunt
Die Atmosphäre ist ruhig und entspannt – ein willkommener Gegensatz zu anderen Teilen der beiden Städte, außerdem sind wir fast alleine zu diesem Zeitpunkt

Nachdem wir wieder im Hostel zurück sind, bekommen wir einen Anruf von Frau Reyes aus dem Reisebüro – sie ärgert sich über die staatliche bolivianische Fluggesellschaft und muss uns mitteilen, dass der Flug gecancelled wurde. Wir sind frustriert, da wir nicht gedacht haben, dass auch der Rückflug so ein Staatsakt werden würde. Sie versichert uns, uns sobald möglich auf den nächsten verfügbaren Flug zu buchen. Wir wissen, dass sie sich die Seele aus dem Leib telefoniert, um uns die Rückreise zu ermöglichen, aber wir fühlen uns hilf- und rastlos, da wir nichts dazu beitragen können. Außerdem sind wir langsam das Warten Leid, da wir die letzten vier Monate praktisch nichts anderes gemacht haben, außer eben zu Warten, darauf, dass sich die Lage bessert, die Behörden zu Sinnen kommen oder sich eben etwas an der Gesamtsituation ändert.

Wir beschließen in der Zwischenzeit die lokalen Fluggesellschaften zu befragen, wie es mit Rückflügen nach Europa aussieht. Das sieht ungefähr wie folgt aus – zwei Szenarien:

(1) The European Way: Man geht zu BOA (Bolivian de Aviacion) oder Amaszonas und fragt nach Flügen. Diese sagen, dass es keine gibt und man akzeptiert die Antwort, wünscht einen schönen Tag und geht. Kein Ergebnis.

(2) The Bolivian Way: Man geht zu BOA oder Amaszonas und fragt nach Flügen. Diese sagen, dass es keine gibt und nun ist der Punkt an dem man unfreundlich werden muss und die MitarbeiterInnen zu Antworten zwingen muss. Aussagen wie, „Ich weiß, dass es Flüge gibt“ helfen zumeist weiter und nach ein wenig penetrantem Nachbohren, rücken die MitarbeiterInnen dann auf einmal doch mit Antworten raus. Ergebnis.

Dennoch bringen uns diese Flugoptionen nichts, da meist nur Flüge ab dem großen Flughafen in Santa Cruz, der entspannte 18 Busstunden von La Paz entfernt liegt angeboten werden. An sich kein Problem, bis darauf, dass zur Zeit keine Busse nach Santa Cruz verkehren, da dieses Departamento der inländische Hotspot an Corona-Infektionen ist. Dieses Option scheidet demnach aus.

Wenige Tage später kontaktiert uns jedoch Frau Reyes mit der erlösenden Nachricht – sie hat einen bestätigten Rückflug für uns gefunden! Für einen Preis von 1.200€ pro Person und mit gerade einmal vier Umstiegen die beste Option die wir zu diesem Zeitpunkt haben. Am nächsten Tag fährt Lucas mit dem Teleferico in die Zona Sur ins Reisebüro von Frau Reyes, um die Bezahlung abzuwickeln. Es ist ein großer Vorteil, dass wir an unterschiedlichen Tagen das Hostel verlassen können, da am Eingang des Telefericos Ausweiskontrollen stattfinden. Wir haben also unsere Flugtickets erhalten: von La Paz geht es planmäßig um 06:30 Uhr über Santa Cruz (Bolivien), São Paulo (Brasilien) und Zürich (Schweiz) nach Frankfurt. 39 Stunden Reise – damit haben wir es deutlich besser erwischt als andere Reiserückkehrer, mit dem Preis allerdings auch deutlich schlechter als andere, die bereits früher mit den großen Rückkehraktionen zurückgereist waren. Das war in diesem Moment aber egal, da wir einfach froh waren, diese Verbindung bekommen zu haben.

Die letzten Tage in La Paz nutzen wir noch, um ein wenig Zeit mit Maxi zu verbringen, mit dem wir die gesamte Zeit im Greenhouse verbracht hatten.

Natürlich haben wir ein Abschlussgrillen mit Hühnchen auf dem Grill gemacht

Wenige Tage vor Abflug lässt uns Frau Reyes eine Mail zukommen, deren Inhalt typsich bolivianisch ist – voller verwirrender und widersprüchlicher Informationen. In der Mail, die von BOA kommt, stehen die Boarding-Kondition für die Flüge von La Paz bis São Paulo. Dabei wird aufgeführt, dass wir ein Certificado Medico benötigen. Diese werden aber, wie wir ja bereits rausgefunden haben, im Moment nicht ausgestellt. Wir kontaktieren Frau Reyes sowie eine Dame von der Lufthansa in La Paz. Beide können uns keine gesicherte Antwort geben, da diese Information neu ist. Frau Reyes setzt sich mit BOA in Verbindung und teilt uns später mit, dass ein Test wohl nicht notwendig sei. Wir trauen der Aussage von BOA allerdings nicht und basierend auf unseren bisherigen Erfahrungen in Bolivien erfragen wir bei der Dame der Lufthansa ein paar offizielle Labore, um einen Schnelltest machen zu können. Dies ist einfach, Kommunikation funktioniert in Bolivien oft schnell über WhatsApp. Am nächsten Abend kommt also ein Arzt vorbei und macht den Schnelltest mit uns beiden, der selbstverständlich nach kurzer Zeit negativ ausfällt.

Das letzte Dokument, dass wir brauchen, um sicher Reisen zu dürfen

In besagter Mail steht ebenfalls, dass wir mindestens drei Stunden vor Abflug am Flughafen in El Alto sein müssen. Das erscheint uns übertrieben, wir wollen allerdings auch nicht unseren Rückflug gefährden und bestellen uns ein Taxi – für 2:50 Uhr in der Früh am Abflugtag.

Unser letztes Balkonbild in La Paz

Unseren letzten Tag nutzt vor allem Lucas nochmal um sich eine permanente Erinnerung unserer Reise zu schaffen. Dazu hat er sich einen Termin in einem schicken Tattoo-Studio gemacht und lässt sich sein eigens entworfenes Motiv stechen, dass Francesco ihm während der Quarantäne gezeichnet hatte.

V.l.n.r.: Cerro Torre und Fitz Roy (El Chaltén) mit dem Blick den wir zum Jahreswechsel genießen konnten. Es folgt ein Vicuña mit Mate-Becher (der Mate Becher ist der, den wir uns in Buenos Aires gekauft haben, das Vicuña hat Lucas auf unserer Tour in der Nähe von Uyuni fotografiert). Die rechten Berge sind die Türme des Torres del Paine – der Bogen stellt die Sonne dar.

Am letzten Abend holen wir noch eine letzte Runde Truco nach, die letzte gegen Maxi und seinen Kumpel Pierre hatten wir knapp mit 29 zu 30 gewonnen. Diesmal lassen wir die beiden jedoch gewinnen, damit wir mit einem Unentschieden auseinandergehen können (und auch damit Maxi uns überhaupt gehen lässt).

Der Wecker klingelt zu früh und wir schleppen unsere Rucksäcke ins Taxi und verlassen nach 115 Tagen in La Paz das Greenhouse und brechen zum Flughafen auf. Es ist noch dunkel, nur die Lichter der Stadt flackern. Ein schöner letzter Anblick, ehe wir am dunklen Flughafen ankommen. Wir sind pünktlich drei Stunden zu früh, von den MitarbeiterInnen der Fluggesellschaft BOA jedoch keine Spur – typisch! Diese treffen entspannt zwei Stunden vorher ein und in einer chaotischen Manier organisieren sie den Check-In. Als wir zum Check-In antreten, werden wir nach Tickets, Ausweisen und einem medizinischen Dokument gefragt. Wir holen siegessicher die Befunde des Schnelltests hervor und sind heilfroh, dass wir diesen gemacht haben. Die Frau am Schalter ist jedoch skeptisch und es braucht eine kurze Argumentationsphase, bis sie das Dokument doch akzeptiert und unser Gepäck bis nach Frankfurt durchcheckt. Wir sind erleichtert. Es hat alles geklappt und wir können nun tatsächlich unsere Reise antreten.

Selbstverständlich hebt der Flieger verspätet ab – Begründung ist, dass bei der Migration zu wenig MitarbeiterInnen arbeiten und es daher länger dauert. Wir wissen jedoch, dass wir unsere Anschlüsse auf keinen Fall verpassen und sind daher immernoch entspannt. Im Flugzeug lernen wir Mario kennen, der ebenfalls nach Deutschland reist und in La Paz arbeitet. Wir tauschen uns viel über Bolivien aus und stellen fest, dass auch er viele der Erfahrungen die wir gemacht haben, schon einmal erlebt hat. Zusätzlich erzählt er uns viel über sein Leben in Bolivien und wir sind teilweise schockiert, andererseits können wir all die komischen Geschichten die er uns erzählt auch nachvollziehen und sind somit andererseits auch gar nicht mehr überrascht – in Bolivien ist eben vieles möglich.

Flughafen-Selfie in El Alto

Nachdem wir in La Paz abgehoben sind, fliegen wir im Sonnenaufgangslicht sehr nah am Illimani vorbei. Ein perfektes Bild, um sich von La Paz zu verabschieden.

Begeisterung am Flughafen in Santa Cruz – unsere Masken müssen wir selbstverständlich während der gesamten Reise aufbehalten

In São Paulo müssen wir natürlich mal wieder durch eine Sicherheitskontrolle. Da uns BOA jedoch die Boarding Pässe nur bis São Paulo ausstellen konnte, hat niemand einen Boarding Pass, um weiterzufliegen. Daher wollen uns die FlughafenmitarbeiterInnen (die sehr unfreundlich sind) erstmal nicht weiterlassen und bitten uns an der Seite zu warten. Nachdem wenige Minuten später circa 100 Menschen an der Seite stehen, wird den MitarbeiterInnen klar, dass sie ihre Anweisung, dass man nur mit Boarding Pass passieren darf, wohl nicht aufrecht erhalten können. Einer der Mitarbeiter ergreift dann jedoch die Initiative und holt ein Klemmbrett hervor und schreibt die Daten eines jeden Fluggast händisch auf. Das dauert, aber wir haben ja viel Zeit zum Umsteigen.

Angekommen in Zürich werden wir von Mario erstmal auf ein Bierchen eingeladen

Auch in Zürich müssen wir lange warten – 7,5 Stunden Wartezeit, um nocheinmal 45 Minuten im Flugzeug zu sitzen. Da wäre der Zug schneller und umweltfreundlicher gewesen, die Option hatten wir aber leider nicht. In Frankfurt angekommen, wartet eine Überraschung auf uns!

Lucas Cousine Woodjhelle und Lucas Onkel Oli warten am Ausgang mit einem großen Banner auf uns, der uns in unterschiedlichen Sprachen unserer Reise begrüßt

Wir essen noch zusammen am Flughafen ehe wir uns in unsere Quarantänewohnung nach Köln begeben. Lucas Schwester hat uns ihre Wohnung zur Verfügung gestellt und wir sind froh, nach der langen Reise eine ruhige Wohnung für uns zu haben, in der wir nicht als Voluntäre arbeiten müssen. Da wir beide Hunger haben, aber zu faul sind noch zu kochen, gönnen wir uns ein richtig deutsches Gericht.

Unser erstes „richtiges“ Essen in Deutschland – Döner!

Wir haben die Rückreise geschafft! Es fühlt sich noch ein wenig komisch an, wieder zurück zu sein, v.a. weil wir nicht direkt unsere Familie wiedersehen können. Daher beschließen wir direkt am Montag den (für uns) kostenlosen Corona-Test zu machen, um die Quarantänezeit abzukürzen.

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